Ein sensationelles Instrument: Das akustische Klavier

Tatsächlich bietet uns das akustische Klavier außergewöhnliche Leistungen:

  • Die 88 Tasten seiner Klaviatur stellen einen Tonraum von über 7 Oktaven bereit.
  • Am Ende jeder Taste wartet eine geniale Mechanik auf den Impuls unserer Finger, um den Ton von Piano bis Forte zu gestalten.
  • Im besten Fall bietet uns das Spielwerk ein authentisches Spielgefühl.
  • Das Klangmuster des Pianos bewirkt über die Ohrmuskeln als Filter in Kombination mit dem für Atmung und Herzschlag zuständigen Vagusnerv quasi automatisch Entspannung und bietet sich daher gerade für die Selbstharmonisierung an.
  • Aufgrund der Besaitung von 1-3 Saiten pro Ton kann man auch große Konzertsäle mit einem Flügel beschallen.
  • Das Pianoforte hat weltweit eine enorme Verbreitung gefunden: Es soll heute in Europa 8 Millionen und in USA 10 Millionen Klaviere geben. In China spielen heute schon über 50 Millionen Menschen Klavier.
  • Geniale Komponisten haben für das Klavier die schönsten Stücke und technisch anspruchsvollste Werke geschrieben und damit unsere Kultur nachhaltig geprägt.
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Selbstverständlich hat jede Medaille zwei Seiten. Daher gibt es auch eine Negativliste des Akustikpianos:

  • Die Dauerlärmbelastung in unserer Welt ist derart gestiegen, dass man das Klavierspiel zumindest in Mietwohnungen als zu laut empfindet.
  • Die technisch anspruchsvolle Klassik ist sehr zeitaufwendig. Der Wettlauf um unsere Zeitkontigente wird aber zunehmend von Wettrennen um den erreichbaren Lebensstand bestimmt.
  • Das Klavier ist ein großes Möbel.
  • Die Wertigkeit von Kultur ist abnehmend, so dass das Piano als Kultur-Visitenkarte ausgedient hat.
  • Von der modernen Musik wissen wir, was es alles an neuen Möglichkeiten der Klanggestaltung gibt. Diesbezüglich kann unser gutes altes Klavier überhaupt nicht mithalten.
  • Ein Klavier muss man sich leisten können. Es ist immer noch keine alltägliche Anschaffung.
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Die qualitative Überlegenheit unseres akustischen Pianos

Aber das Piano hat nun über 300 Jahre unsere Kultur geprägt. Das alternative E-Piano hält meist einem qualitativen Vergleich nicht stand. Doch bei dieser Gegenüberstellung übersieht man geflissentlich, dass man ja nicht Produkte der gleichen Preisklasse vergleicht. Tatsächlich vergleichen wir in der Regel ein circa 10.000 Euro teures Klavier mit einem höchstens 1.000 Euro günstigen E-Piano. Und im Übrigen hat sich in unserem ökonomischen Gehirn das Vorurteil früherer Zeiten gefestigt, als eben weder die klanglichen noch die haptischen Leistungen der E-Pianos auch nur annähernd vergleichbar waren. Trotzdem werden immer mehr E-Pianos verkauft, so dass 2012 sogar Blüthner sein Angebot mit einem selbst entwickelten e-Klavier erweitert hat.

Aus dem E-Piano wurde inzwischen das Digitalpiano. Das ist die Logik des Zeitgemäßen. Das Digitalpiano kann mehr als das E-Piano. Dass die Digitalpianos inzwischen qualitativ aufgeholt haben, kann man unter anderem daran ablesen, dass es seit der Markteinführung des so genannten Silent Pianos die neue Kategorie der Hybrid-Pianos gibt. Im Hybrid-Piano vereinigen sich im ursprünglichen Sinn des Wortes Hybrid zwei unterschiedliche Klangquellen: Zum Beispiel das Silent Piano kann man entweder akustisch oder mit digitalen Sounds spielen.

DigitalKultur

Digitaler Sound gleichwertig zum akustischen Klang

Wenn ein Klavierbauer wie Bechstein eingesehen hat, dass die Zukunft digital ist, dann... Als Folge der Einsicht hat man in Berlin gleich einen neuen Geschäftszweig, die C. Bechstein Digital GmbH, gegründet. Die erste Aufgabe dieses neuen Unternehmens bestand darin, von dem eigenen Musterflügel D282 der Marke C. Bechstein ein Sample zu erstellen. Das wurde unter dem Titel C. Bechstein Digital Grand als Plugin für eine Digital Audio Workstation (DAW) dem Vorbild der Mitbewerber Bösendorfer und Steinway folgend auf den Markt gebracht. Von diesen beiden Vorzeigeflügeln der Mitbewerber, dem Bösendorfer Imperial (mit vollen 8 Oktaven) sowie dem Steinway-Modell-D gibt es von Steinberg, einer Tochter von Yamaha, die Software The Grand 3 und somit deren Klang-Samples als Plugin für eine beliebige DAW.

Die neue digitale Bechstein-Sparte hat diesem Vorbild folgend zusammen mit dem japanische Elektronik-Unternehmen Casio ein digitales Hybrid-Piano auf den Markt gebracht. Das heißt, es verfügt lediglich über einen digitalen Klangerzeuger verbunden mit einigen analogen Elementen wie der Klaviatur, aus dem bislang ausschließlich das akustische Piano seinen Mehr-Wert generierte. Wir sprechen von dem Modell Casio Grand Hybrid GP-500, für das Casio die Kategorie Grand-Hybrid erfunden hat. Sie finden die Informationen zu dem Instrument über die Internetadresse www.casio-music.com/de. Um nun zweifelsfrei zu beweisen, dass der Klaviersound dieses Digitalpianos von Casio gleichwertig zu dem Klang eines akustischen Bechstein-Flügels ist, hat man Casio auf die Bühne des klassischen Konzerts, konkret in die Berliner Philharmonie, eingeladen. Das ist eine Form von Marketing aus der Kategorie Marketing designed by Bechstein. Hören und sehen Sie selbst:

Damit ist meiner Ansicht nach die Frage beantwortet, ob der akustische oder digitale Klang besser ist. Denn im Falle von Samples, also den Aufnahmen vom Originalklang, stellt sich diese Frage nicht mehr. Wenn die Hersteller von Akustikpianos selbst diese Analogie vollziehen, brauchen wir nicht länger diesen Aspekt zu diskutieren. Vielmehr sind wir nun frei für die weitaus interessantere Diskussion darüber, wie man den Klang noch interessanter gestalten kann - bzw. wie man grundsätzlich mehr Gestaltungsmöglichkeiten am besten direkt in die Finger bekommt!